Claus Müller ist nicht mehr der Wehrleiter der Ruppichterother Feuerwehr, die Geschäfte übernimmt vorerst sein Stellvertreter Ralf Schneider. Gestern Abend entschied sich der Gemeinderat mit 17 Nein- und 13 Ja-Stimmen bei einer Enthaltung in geheimer Wahl gegen Müllers Bestellung zum ordentlichen Wehrleiter. Kurz bevor der nichtöffentliche Teil der Sitzung begann, kamen rund 40 Wehrleute ins Rathaus, um ihren Kameraden Müller zu unterstützen.
In der Fragestunde für Bürger ergriff der stellvertretende Winterscheider Löschzugführer Sven Marberger das Wort: "Wir stehen weiterhin hinter Claus Müller und hoffen, dass der Rat das berücksichtigen wird. Wir, das sind immerhin 70 Prozent der damaligen Feuerwehr. Ich hoffe, dass Sie sich nicht von einer Minderheit unter Druck setzen lassen werden." Zum Schluss stand die Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, noch einmal die Löschzüge nach einem Vorschlag für den Wehrführer zu befragen. Antworten konnte darauf kein Ratsmitglied, weil das die Sitzungsordnung nicht vorsieht.
Die dann folgende Sitzung dauerte mehr als zwei Stunden, mit Unterbrechung. An den Gesichtern der Ratsmitglieder konnte man erkennen, dass ihnen die Entscheidung nicht leicht fiel.
Auch im Anschluss waren viele Emotionen im Spiel. Die ausgetretenen Ruppichterother Feuerwehrleute stießen auf Müllers Abwahl an. "Es ist also vollbracht! [..] Es hat sich also gelohnt, zu kämpfen", stand in einer Facebook-Statusmeldung eines Ausgetretenen, die kurze Zeit später wieder gelöscht wurde. Bei den Verbliebenen war die Stimmung dagegen bedrückt.
Reaktionen
Die bedrückte Stimmung hielt auch am Folgetag noch an. "Wir sind von Rat und Bürgermeister enttäuscht", sagte der Winterscheider Löschzugführer Helmuth Horbach. Das sei wie ein Schlag ins Gesicht, für jeden persönlich und die geleistete Arbeit seit der Austrittswelle. "Trotzdem kommt für uns ein Austritt nicht in Frage", so Horbach. Man habe eine Verantwortung dem Bürger gegenüber. Verstehen kann er die Entscheidung nicht. "Wir wissen nicht, wie es weitergeht, und es gibt ja auch keine Alternative zu Müller."
Claus Müller tue die Ratsentscheidung im Herzen weh, "nicht für mich, sondern für meine Kameraden". Er sei überwältigt von der Unterstützung der Feuerwehrleute gewesen. "Wir hatten eine schlechte Ausgangssituation, aber es ist nicht alles schlechter geworden", sagte Müller. Man habe in den vergangenen Monaten mit der Aufbauarbeit begonnen, Fortschritte gemacht und niemandem der Ausgetretenen die Tür zugeschlagen.
CDU-Ratsmitglied Björn Franken habe die Entscheidung nicht an der Person Claus Müller festgemacht. "Mir ging es um den Brandschutz, und der ist meiner Ansicht nach nur gesichert, wenn die Ausgetretenen wieder zurückkommen", sagte Franken. Weil die aber auch nur zurückkommen, wenn Müller weg ist, war sein Votum klar. Franken hofft auf einen Neuanfang und dass Bürgermeister Mario Loskill die Wehrmänner nun wieder an einen Tisch bringt. Das sei eine Herausforderung für die gesamte Feuerwehr. Er sieht die Ratsentscheidung aber auch kritisch: "Im Grunde haben wir eingegriffen, obwohl wir keine Ahnung haben."
Friedhelm Kaiser (SPD) habe nicht gewusst, was richtig sei. "Ich hätte mir für die Entscheidung mehr Zeit gewünscht, die Löschzüge hätten noch einmal angehört werden sollen", sagte er. Dass so viele Feuerwehrleute in den Ratssaal kamen, habe ihn beeindruckt. "Ich habe nun Angst, dass die Unruhe auch zu den Winterscheidern überschwappt." Er findet, dass an vielen Stellen Fehler passiert seien und sieht auch die Fraktionen in der Schuld. "Wir alle hätten mehr vermitteln müssen." Der eigentliche Konflikt sei noch lange nicht gelöst, weil nun auch eine Alternative für Claus Müller fehle. "Es ist schade, dass seine Person in diesem ganzen Streit so beschädigt wurde."
Den Feuerwehrleuten, die sich in den vergangenen Monaten für die Bürger eingesetzt hätten, dankte Klaus-Peter Smielick (FDP). Er könne ihre Enttäuschung nachvollziehen. "Wir wissen nun immer noch nicht, wie die Handlungsfähigkeit der Feuerwehr wieder verbessert werden kann", sagte Smielick. Ralf Schneider könne vielleicht ein Interims-Chef sein, aber schon das sei für ihn schwer zu leisten. "Es ist offen, wer die Führung übernimmt. Es ist offen, wer zurückkommt. Und es ist offen, wie die Verbliebenen reagieren." Irgendwie müssten die Gruppen wieder zusammenfinden.
Man stecke nicht in den Details und der Gruppendynamik drin, obwohl man mit allen Seiten geredet habe, sagte Rita Tondorf (Grüne). "Ich bin eben keine Feuerwehrfrau. Das ist wie Roulette, weil man nicht in die Köpfe hineingucken kann", so die Fraktionsvorsitzende. Jedes Ratsmitglied habe nur nach eigenem Gewissen und ganz subjektiv entscheiden können. Deshalb sei der Fraktionszwang aufgehoben worden. "Ich habe Claus Müller mein Abstimmungsverhalten im Vorfeld mitgeteilt. Feuerwehrmitglieder können mich dazu gerne persönlich ansprechen, ich werde meine Position dann vertreten. Ich werde mich ansonsten aber an die Spielregeln von Nichtöffentlichkeit und geheimer Abstimmung halten." Wie es nun weitergehe, müsse innerhalb der Feuerwehr geklärt werden.
Bürgermeister Mario Loskill sieht es nun als Aufgabe beider Löschzüge, sich auf einen neuen Wehrleiter zu einigen. Er hoffe, dass nach dem mehrheitlichen Ratsbeschluss Ruhe einkehre. "Es geht darum, die Feuerwehr vernünftig wieder aufzubauen und den Brandschutz sicherzustellen", sagte Loskill. Deshalb werde er nun mit der Winterscheider Löschzugführung und Übergang-Wehrleiter Ralf Schneider nach Lösungen suchen.
Die ausgetretenen Feuerwehrleute wollen jetzt so schnell wie möglich ihre Aufnahmeanträge abgeben. "Bedingung war von Anfang an der Abtritt von Claus Müller", heißt es von einem Ehemaligen. Man sei sich darüber im Klaren, dass es so wie früher nie wieder sein werde. Deshalb liege ein hartes Stück Arbeit vor ihnen. Zunächst wolle man sich aber bedeckt halten und das Handeln von Bürgermeister Loskill abwarten.
Kommentare
Anna Maria Lenz
May 17, 2013 um 6:57 pm
Tja Herr Müller, was machen wir denn nun? Unverhofft ein Teil dieses Spiel? Dann hat Ihr Austritt nichts mit Claus Müller zu tun?, d.h., dass von Ihnen dann kein Aufnahmeantrag kommt und Sie für die Feuerwehr Ruppichteroth nicht mehr zur Verfügung stehen. Mittlerweile ist ja nun auch raus, dass die CDU den Herrn Bürgermeister unter Druck gesetzt hat. Also hat Claus Müller wahrscheinlich die verkehrten drei Buchstaben in seinem Parteibuch.
Wie auch immer es weitergeht, irgendwann hat auch dies hoffentlich ein Ende. Hut ab vor CLaus Müller, dass er nicht die Absicht hat auszutreten. Bravo!!
Rita Sill
May 15, 2013 um 8:39 pm
In seiner Pressemitteilung vom 28.1. 13 schreibt unser Bürgermeister, dass er zu 100% hinter Claus Müller steht und dieser sich nichts zu Schulden hat kommen lassen. Gegenüber den Medien (WDR) sagt der Bürgermeister später, er sei nicht erpressbar und stehe auch weiterhin hinter Claus Müller. Warum hat er ihn jetzt fallen lassen. Ein Mann von Charakter steht zu dem, was er sagt. Aber Politiker ja nicht!
Vielleicht hat er sich damit ein Eigentor geschossen.
Claus Müller ist für mich ein Mann von Charakter, weil er zu dem steht, was er sagt. Den würde ich gerne zum Bürgermeister
wählen.
Karlheinz Zielinger
May 15, 2013 um 1:19 pm
Ich habe Großen Respekt vor Menschen die zugeben keine Ahnung zu haben , nicht jeder kann alles wissen.
Ahnung oder Sachverstand kann man sich aber aneignen, dieses erwarte ich an und für sich zumindest von Ratsmitgliedern die wichtige Entscheidungen fällen. Wie kann man nur eine solche Entscheidung mit einer solchen Tragweite fällen, und versucht die Folgen mit Unwissen zu rechtfertigen. Irgendwie können wir uns dann ja die ganzen Ratswahlen und Bürgermeisterwahlen sparen und nach dem Zufallsprinzip Bürger zusammenrufen und diese Entscheidungen fällen lassen.
Ich bekomme Angst um unsere Gemeinde.
Hier wurde und wird viel Geld verbrannt, ich als Mitglied eines solchen Gremiums hätte große Erklärungsnot dieses, den vielen ehrenamtlich Tätigen Bürgern die unentgeltlich für uns alle tätig sind zu vermitteln.
Oder hat dort jemand nicht seine Hausaufgaben gemacht?
Christoph Müller
May 15, 2013 um 11:34 am
Das ist wahrhaftig ein ganz böses Spiel, das da mit Claus Müller betrieben wurde.
Leider muss ich feststellen, dass ich unverhofft wohl ein Teil dieses Spiels geworden bin. Und ich gebe Helmut Horbach recht: Das ist in der Tat ein dicker Faustschlag ins Gesicht derer, die seit Januar die Feuerwehrarbeit geleistet haben und für zwei Ausrückebereiche verantwortlich waren. Diese Arbeit verdient höchsten Respekt, der hier irgendwie von niemandem aus der Politik erwähnt wird. Dabei ist es nebensächlich, ob der Brandschutz nun sichergestellt war oder nicht. Der Spaß im Karnevalszug sei den Kameraden an dieser Stelle gegönnt.
Dass der Brandschutz sichergestellt ist, haben Bürgermeister und Rat zu verantworten. Da wundere ich mich, dass jetzt plötzlich Aussagen getätigt werden, dass der Brandschutz wohl doch nicht sichergestellt gewesen sei. Oder, dass man eigentlich keine Ahnung habe, man ist ja schließlich keine Feuerwehrfrau. Man stecke ja nicht so im Details, obwohl man mit allen geredet habe.
Hat man wirklich mit allen geredet? Das hätte man mal tun sollen, dann hätte man das ganze vielleicht eleganter lösen können.
War es nicht so, dass man mit Claus Müller als Wehrführer und den verbliebenen Feuerwehrleuten weiter arbeiten wollte? Das war wenigstens eine klare Haltung. Warum gibt es denn keine einzige konkrete Stellungnahme zum Kurswechsel? Warum passiert das so spät? Das hat auf jeden Fall einen faden Beigeschmack.
Und was passiert jetzt? Die einen aus dem Rat hoffen jetzt darauf, dass die Ehemaligen zurück kommen, und die anderen drängen jetzt wieder auf Gespräche, die der Bürgermeister führen soll. Wie wäre es denn mal mit einem klaren Bekenntnis zur Feuerwehr seitens der Fraktionen? Ich vermisse Aussagen wie: Wir müssen uns zuünftig intensiver um die Belange der Feuerwehr kümmern, oder es darf uns nicht mehr passieren, dass wir so wenig Ahnung von der Feuerwehr haben. Wie werden denn eigentlich Entscheidungen im Rat bezüglich der Feuerwehr getroffen? Ist das dann immer Roulette? Vielleicht sollte der Rat bei den weiteren Gesprächen oder den anstehenden Vermittlungen auch mal tätig werden. Das würde einem möglichen neuen Wehrführer die Arbeit auch erleichtern.
Die Feuerwehrarbeit wird nicht so wie früher, und es wird nicht einfach. Da steckt bei vielen einiges lange in den Köpfen. Umso höher ist die Aussage der Winterscheider Kameraden anzurechnen, dass sie trotz der ganzen Geschichte mit diesem Ergenis weiterhin in der Feuerwehr bleiben. Alles andere wäre jetzt auch fatal.
Zum Schluss wundere ich mich über die Art der Abstimmung. Da wurde der Fraktionszwang aufgehoben. Ich dachte immer, man wählt die Kandidaten aus dem entsprechenden Wahlbezirk und die stimmen so ab, dass es für ihre Wahlbezirke und das Gemeinwohl den größten Nutzen hat. Wenn die sowieso immer einem Fraktionszwang unterliegen, dann brauchen sie auch zukünftig keine Wahlversprechen mehr abgeben.
Vielleicht sollte man aber auch einfach dahin zurückkehren, wozu man eigentlich da ist: Keine Politik wie die Großen versuchen, sondern für den Bürger und die Gemeinde das Beste rausholen. Und dabei gibt es nunmal auch in einer Fraktion verschiedene Meinungen.
der Pucki
Franz Josef Kraus
May 14, 2013 um 5:50 pm
Ich hatte einmal einen Traum (ist lange her), wir standen kurz vor einer Gemeinderatswahl. Mit sehr regem Intresse laß ich die Versprechen der zur Wahl stehenden Politiker: Christlich? Sozial? und andere Lügner. Wir sollen alle ehrlich zu unserer Meinung stehen. Wie glaubhaft will ich den Bürgern gegenüber sein wenn ich mich feige in einer geheimen Wahl verstecke.
Politische Macht vor Anstand.
Franz Josef Kraus